Verfügt der Vorgesetzte über geeignete Führungseigenschaften, hält Kontakt zu seinen Mitarbeitern, sorgt für ein gutes Betriebsklima und steht demzufolge motivierten Mitarbeitern vor, so erübrigt sich ein Mitarbeitergespräch.
Verfügt der Vorgesetzte nur über unzureichende Führungseigenschaften, hält nur selten Kontakt zu seinen Mitarbeitern, nimmt dadurch negativen Einfluss auf das Betriebsklima und steht demzufolge unmotivierten Mitarbeitern vor, so wird durch ein Mitarbeitergespräch die negative Situation nur noch verstärkt.
Logisch:
Über das ganze Jahr gut geführte und hochmotivierte Mitarbeiter haben keinen Gesprächsbedarf.
Und Vorgesetzte, die unmotivierten und somit unzulänglich geführten Mitarbeitern vorstehen, sollten besser mit sich selbst zu Rate gehen, statt unnütze Gespräche zu führen.
Mitarbeitergespräche belasten das Arbeitsklima
Nur äußerst selten sind Mitarbeiter anzutreffen, die voller Vorfreude ihr Mitarbeitergespräch herbeisehnen.
In der Regel sehen die Mitarbeiter dem turnusmäßigen Gespräch mit innerer Unruhe, Unsicherheit und einer wachsenden Beklommenheit entgegen, je näher der Gesprächstermin rückt.
Eine derartige Gemütslage schlägt auf die Stimmung, belastet das Arbeitsklima und demotiviert die Mitarbeiter.
Ein kurzer Blick auf die zwei zentralen Instrumente des Mitarbeitergesprächs reicht aus, um das Verhalten der Mitarbeiter plausibel zu machen:
Ein Auszug aus der Instrumentenkammer des
Mitarbeitergesprächs
Selten wurde der Wortsinn des Begriffs “Vereinbarung” so auf den Kopf gestellt wie bei der Zielvereinbarung.
Eigentlich meint der Begriff Vereinbarung, dass zwei Partner gemeinsam eine Übereinkunft / Verabredung treffen. Bei der Zielvereinbarung ist es jedoch meist so, dass der Vorgesetzte eine Anweisung gibt, dem der Mitarbeiter “freiwillig” zuzustimmen hat.
Mitarbeiterbeurteilung
Hier erhält der Mitarbeiter von seinem Vorgesetzten ein subjektives Zeugnis, das oftmals auch Eingang in die Personalakte findet.
Das sorgt beim Beurteilten für Herzklopfen und feuchte Hände, wird als Druckmittel verstanden und auch so angewandt: Ein klassischer Motivationstöter.
Ein positiver Aspekt
soll nicht verschwiegen werden. Bei der Erwähnung der Stärken und positiven Eigenschaften, erhält der Vorgesetzte Gelegenheit herzhaft zu loben.
Doch die Praxis zeigt: Der Weisungsbefugte hat meist mehr Freude am Kritisieren, statt seinen Mitarbeiter motivationsfördernd seine Anerkennung auszusprechen.
Es drängt sich die Frage auf,
Warum soviel Aufhebens um eine Unterredung?
Warum eine derart ausufernde Bürokratie mit einer unüberschaubaren Anzahl von Formblättern, Anweisungen, Gesprächsnotizen, Rankings, Beurteilungsbögen, Bewertungsskalen, Kompetenzprofilen, Betriebsanweisungen, Seminaren, Kursen und abertausenden von Anleitungen und Büchern?
Warum dieser Fetischismus um ein Gespräch,
dessen Botschaft sich ganz bequem und ohne viel Aufhebens in der alltäglichen Kommunikation mit den Mitarbeitern unterbringen ließe?
Die Vermutung liegt nahe,
dass mit dem Mitarbeitergespräch nur das schlechte Führungsgewissen beruhigt werden soll, verbunden mit dem Irrglauben, dass sich durch eine jährliche oder halbjährliche Unterredung die Versäumnisse aus der Vergangenheit in wenigen Minuten wieder ausbügeln ließen.
Insgesamt bleibt die Erkenntnis:
Führungsversagen lässt sich durch ein Mitarbeitergespräch nicht wettmachen und gute Führung braucht kein Mitarbeitergespräch.
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